Mehr als 30 Stuten der Rasse Rheinisch-Deutsches Kaltblut hat Volker Prange aufgezogen. Einige wurden mit Staatsprämien honoriert. Die Rasse ist 2019 „Tier der MeLa“. In Landwirtschaft und Forst waren die kraftvoll mit Muskeln bepackten starken Pferde einst als unentbehrliche Helfer geschätzt. 

Satow.   Mit breiter Brust und  kräftigem Rücken sind  Benno, Ferry, Britta und Anja die Schwerathleten unter den edlen Vierbeinern in   Satow. Halter ist Volker Prange (57) Bodenmeister im  örtlichen Versorgungsgeschäft  für Bau, Hof und Garten.   Im  ausgeprägten Haar-Behang um die Hufen und in den dichten Mähnen dieser Rheinisch –Deutschen  Kaltblutpferde  von rund  850 Kilo Gewicht pro Tier spielt  der Aprilwind. Mit Führungsleinen am Zaumzeug halten er und Sohn Nico die Rösser fest im Griff. „Heute geht`s raus ins Grüne,“ eröffnen sie nach Monaten  in der Osterwoche wieder den Weideauftrieb. –  „Für die Pferde beginnt damit die schönste Jahreszeit, für uns  die Arbeitserleichterung“ gehen sie fröhlich und gewandt   ans Werk. Während des Winters  waren die Tiere vorwiegend im Stall. Pflegehilfe leisteten   in ihrer Freizeit auch die  77jährige rührige „Oma“  Renate sowie Ehefrau  Ilona, die lächelnd kommentiert:  „Andere fahren  in die Ferien, wir machen hier Urlaub und  erholen  uns bei den Pferden .“  Freizeitzüchter Volker Prange ist in seinem Metier ein landesweit anerkannter Mann. Er sagt, „ohne seine Familie würde er die Arbeit im Stall und auf der Weide nicht schaffen,  geht es doch um die Erhaltung der markanten  Kaltblutrasse .“

Prange  befasst sich seit  1995 aktiv mit der  Kaltblüter-Züchtung, die   um  1850 aus Kreuzungen zwischen Belgischen Zugpferden und Ardenner entstanden war und  zunehmend wieder im Fokus der Öffentlichkeit steht. In Landwirtschaft und Forst  waren die kraftvoll mit Muskeln   bepackten starken Pferde einst als unentbehrliche Helfer geschätzt. Noch bis zum Ende der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Stutenbestand auf 27 000. Bis zu 700 Junghengste durchliefen  die jährlichen Körungen.  In den Städten wurden die muskulösen Pferde  gern  vor die mit Fässern schwer beladenen Brauereiwagen gespannt. Der inzwischen  rapide sich entwickelnde  technische Aufschwung mit starken Maschinen in Feld und Wald drängte die Rheinich-Deutsche Kaltblutrasse bis zur Bestandsgefährdung zurück.  Nach Übersicht des Pferdezuchtverbandes in Mecklenburg-Vorpommern stehen derzeit  noch  92 Zuchtstuten und sieben Hengste in den Stallboxen des Landes. „Im Landwirtschaftsministerium wird der Zucht des Rheinisch-Deutschen Kaltbluts besondere Bedeutung beigemessen,“ signalisiert  Pressesprecherin Martina  Plothe.  Den Fingerzeig  gab  die  Rote  Liste  der Gesellschaft  zur Erhaltung aller und gefährdeter  Haustierrassen, wo der Eintrag  über das Rheinisch-Deutsche Kaltblut in Gefährdungsstufe III vermerkt ist. Vom Ministerium  würden über die  Förderrichtlinie zur Erhaltung tiergenetischer Ressourcen jährlich Prämien an die Züchter  ausgereicht, ergänzt  Plothe.  Bei Hengstparaden im Landgestüt Redefin stehen  die  unterschiedlichen   Einsatzmöglichkeiten der schweren Pferde zur Schau. 

„Insgesamt  43 passionierte Züchter befleißigen sich derzeit in Mecklenburg-Vorpommern um den Erhalt der ausdrucksvollen Kaltblüter-Familie,“  ergänzt in Rostock die  Zuchtleiterin und  Geschäftsführerin im MV-Zuchtverband, Karoline Gehring.   In Satow gelang  bisher  die Aufzucht  von  mehr als  30 Stuten, darunter zehn, die besonders herausragende Eigenschaften aufwiesen und mit Staatsprämien honoriert wurden. „Ein bemerkenswertes Zuchtergebnis“  Pranges jüngster Erfolg  ist ein zweieinhalbjähriger Rappen-Elitehengst, der zur Körung in Krumke  bei Stendal angemeldet ist.   Auf der  29.  Mecklenburgischen  Landwirtschaftsausstellung  vom 12. bis 15.  September 2019 in Mühlengeez werde  das Rheinisch-Deutsche  Kaltblut als „Tier der Mela“ geadelt, hob   Verbands-Zuchtleiterin Gehring hervor. Geplant seien dazu Familienschauen und vielfältige  andere Vorführungen mit Demonstrationen auch über den heutigen Einsatz der beeindruckenden  Kaltblüter. „Auch mit Gästen aus den umliegenden Bundesländern“ betont sie. Volker Prange  kündigte an, er werde mit drei Zweispännern dabei sein.

In  den Boxen des Hobby-Züchters ist Pflege und pünktliche Fütterung oberste Priorität. Ständige Einstreu aus  frischem  Weizenstroh sorgt dafür, dass die  Behaarung an Fesseln, Schweif und Mähne immer trocken bleibt.  Alle sechs bis  acht Wochen komme ein Hufschmied zum „Umschlagen“ der Hufe.  Prange erzählt, er kenne jedes seiner Pferde,  wie sie schmatzen, gucken und die Ohren stellen. „Und wenn  etwas anders ist als sonst,  sehe er genauer hin, ob dem Tier wirklich nichts fehlt.“ – Die Pferde sind gern und oft auch  von Touristen für Kremser-Touren durchs Satower Land   gefragt.  Ebenso für Kutschfahrten zum Standesamt   in einem extra dafür in Polen  gefertigten schmucken Landauer.  Dann besteigt Volker  Prange  in  Festkleidung mit Zylinderhut und weißen Handschuhen  den glanzvollen Kutschbock. (Dietrich Grunzig)

Bildtexte:

1) Freizeitzüchter Volker Prange (r) und Sohn Nico bringen die Pferde auf die Weide.

2) Solche prächtigen Pferde kommen aus Satow, das Rheinisch-Deutsche  Kaltblut.

Fotos: Dietrich Grunzig