30 Jahre war er ein prägendes Gesicht im Landgestüt Redefin, vor allem was den Sport betrifft. Bei der diesjährigen Hengstpräsentation am 7. März, die coronabedingt digital auf ClipMyHorse und ohne Besucher stattfand, wurde Rolf Günther im 66. Lebensjahr in den Ruhestand verabschiedet. In der Wendezeit zur Wiedervereinigung Deutschlands holte Ingo Nörenberg, der damals die Geschicke des Landgestüts leitete, Rolf Günther und seinen Freund und Sportkollegen Michael Thieme von Mücheln in das damals noch als „Hengstdepot“ titulierte Landgestüt Redefin.
Zuvor hatte er sich im Deutschen Pferdesportverband der DDR (DPV) große Verdienste erworben. 1955 in Thalheim im Erzgebirge geboren, begann er in der BSG „Fortschritt“ Dorfchemnitz mit dem Reitsport und erkämpfte sich mehrere Bezirksmeistertitel im Jugendbereich. Er schlug danach auch beruflich einen Weg in Pferdezucht und Pferdesport ein. Im Vollblutgestüt Graditz absolvierte er dazu seine Ausbildung, wo sich sein Sinn für blutgeprägte Pferde entwickelte. Der Weg führte ihn danach in das VEG (Z) Tierzucht Mücheln, wo er 15 Jahre tätig war und unter Direktor Dr. Schwede, dem er freundschaftlich verbunden war, die Abteilung Pferde leitete. In Mücheln entwickelte sich Rolf Günther zu einer der ersten Adressen des Pferdesports in der DDR. Zum Müchelner Reiterstamm gehörte in der ersten Zeit auch Holger Wulschner. In dieser Zeit qualifizierte sich Rolf Günther zum diplomierten Agraringenieur und stieg in die höchste Ebene des Springsports auf. Landauf landab galt er als besonderer Stilist im Sattel, was in vielen Gazetten hervorgehoben wurde. Die kleine Fuchsstute Ines II war eine seiner ersten bedeutenden Erfolgspfe

rde. Rolf Günther gehörte in seiner Müchelner Zeit der Nationalmannschaft an und bestritt für die DDR 13 Nationenpreise. „Wir waren in Mücheln ein leistungsorientiertes und eingeschweißtes Team. Leute wie Dr. Schwede hätte es zu DDR-Zeiten mehr geben müssen“, erinnert er sich. Neben Ines II waren es Duant, Robbin II, Meteor, Flitter II, Rally, Ingwer VIII, Panther III, Javor, Kordes und Distrie, die ihm internationale Erfolge bescherten. Welches Vertrauen die damaligen Reiterkollegen in ihn setzten beweist die Tatsache, dass sie ihn zum „Aktivensprecher“ wählten. Auch von den führenden Vertretern des DPV war sein Rat in vielen Fragen bis 1990 begehrt und gefragt.
Als es mit der DDR zu Ende ging und die Abteilung Pferde in Mücheln aufgelöst wurde, holte Ingo Nörenberg ihn zusammen mit Michael Thieme nach Redefin. Hier lenkte Rolf Günther den Sport in moderne Bahnen und wurde mit ihrer Gründung Leiter der Landesreit- und Fahrschule. Es dauerte nicht lange, bis man seine besondere Neigung für das stilistisch gute Reiten an den führenden Nachwuchsreitern unseres Landes erkannte, die als Honorartrainer Springen des Landes MV durch seine Schule gingen.
Reiten auf Turnieren war zwar nicht seine dienstliche Hauptaufgabe in Redefin, dennoch ritt er auch selbst sehr erfolgreich bis zur höchsten Klasse und bildete vor allem talentierte Nachwuchshengste des Landgestüts aus, die er bis zur Bundeschampionatsqualifikation und in der Folge bis in den S-Bereich förderte. Waren es zu DDR-Zeiten die oben genannten Pferde mit denen er unzählige Erfolge hatten, so gehören nach 1990 vor allem Pferde wie die Landbeschäler Luchs, Grabensee und dessen Sohn Grabenstern, Labello, Con Ferro, Doubles Well, aber auch andere wie Gesine, Legal Letino, Fortuna, Luxor, Crystal Speed, Li Sun, Deja vu und andere zu seinen Erfolgspferden. Mit der Grandelstein-Stute Gesine seines Freundes Hartmut Gutsche ritt er allein in den Jahren 1995 bis 1997 zu 21 Siegen in M- und S-Springen. Mit dem Landgestütshengst Doubles Well (v. D’Olympic) beendete Rolf Günther zu Beginn des Jahres 2008 seine Turnierkarriere. Neue Aufgaben im Landgestüt Redefin forderten seine ganze Konzentration, die seine eigenen sportlichen Ambitionen in den Hintergrund stellten. 2008 wurde Rolf Günther neben seinen Aufgaben in der Reit- und Fahrschule, deren Leitung später Michael Thieme übernahm, auch stellvertretender Leiter des Landgestüts. Seine internationalen Verbindungen zu Großbri

tannien und den USA sorgten dazu, dass auch die Vermarktung von Pferden des Landgestüts gefördert wurde.
Gleichwohl bildet er weiter das eine oder andere junge Pferd aus und konzentriert sich weiter auf die Ausbildung von Reitern. Zu Recht stolz ist er auf Reiter wie André Thieme, Matthias Granzow, Thomas Kann, Daniel Wascher, Heiko Strohbehn und andere, die in Redefin gelernt haben, von ihm ausgebildet wurden und zu Leistungsträgern im Springsport wurden. Als Michael Thieme vor zwei Jahren in den Ruhestand ging wurde Heiko Strohbehn Leiter des Landes Reit- und Fahrschule und er hat von Rolf Günther auch die Funktion des Honorartrainers Springen im Landesverband MV für Reiten, Fahren und Voltigieren übernommen.
Gegenseitiges Lernen und Abgucken, auch durch viele Springlehrgänge, hat auch zahlreiche andere Reiter auf den erfolgreichen Weg gebracht und das stilistisch gute Reiten gefördert. Dabei war Rolf Günther für Nachwuchsreiter nicht immer nur ein bequemer Lehrer. Dass seine Art auszubilden aber richtig ist, zeigt sich an den Erfolgen.
Im Präsidium des Landesverbandes bringt Rolf Günther seit vielen Jahren seine Erfahrungen im Ressort Turniersport ein. Für seine sportlichen Leistungen erhielt der Träger des „Goldenen Reitabzeichens“ das FEI-Ehrenabzeichen in Bronze. Der Pferdesportverband MV zeichnete ihn für seine Verdienste 2009 mit der Verbandsnadel in Gold aus. Ohne Rolf Günther hätte der Springsport in MV nicht den Stand, den er gegenwärtig im Bundesgebiet einnimmt.
Die Vera

bschiedung aus dem Dienst des Landgestüts durch seinen neuen Leiter Christoph Seite am 7. März, leider ohne Publikum, war bewegend. Mit dem Hengst Grabenstern I (v. Grabensee x Juventus), der mit 24 Jahren zu den ältesten Senioren des Landgestüts Redefin gehört, gewann er 2006 sein letztes S-Springen in Prussendorf. Zur Verabschiedung betrat er mit einer Decke die Bahn, die den Schriftzug „Lieber Rolf, Dank für 30 Jahre Landgestüt Redefin“ trägt, die Bahn. Auf einer Ehrenrunde mit dem Hengst an der Hand verließ er die Bahn.
Dem Pferdesport des Landes bleibt Rolf Günther als Präsidiumsmitglied erhalten. Auch der Reit- und Fahrverein des Landgestüts Redefin zählt weiter auf ihn. Als Ruheständler kann er sich nun zusammen mit seiner Frau Anette ganz auf seine eigene kleine Reitanlage in Redefin und die Ausbildung von Pferden konzentrieren. (fw)

 

Eine Auswahl bedeutender Turniererfolge von Rolf Günther bis 1990

1979            S-Sieger mit Ines II beim CHI Löbnitz

1980            Zweiter mit Rally im Mächtigkeitsspringen beim CSI Apajpuszta (Ungarn

1982            Zweiter mit Duant bei den DDR-Meisterschaften

1983            Zweiter mit Robbin im Mächtigkeitsspringen beim CSI Hortobagy (Ungarn)

1983            Sieger mit Duant eines internationalen Springen beim CSI Prag

1983            Sieger eines internationalen Springens mit Pferdewechsel beim CSIO Plovdiv (Bulgarien)

1983            Drei Siege mit Robbin II und Duant beim CHI Gera

1983            Sieger mit Robbin II im Mächtigkeitsspringen des 1. Weihnachtsturniers in Salzwedel

1983-1990    13 Einsätze in Nationenpreisen von Bratislava (CSSR), Sopot (Polen) und Plovdiv (Bulgarien)

1984            Zweiter mit Robin II im GP von Prag und erfolgreichster Reiter des CSI

1984            Sieger mit Duant im Großen Preis von Löbnitz

1985            Dritter mit Robin II im Großen Preis des CSI Kiskunhalas (Ungarn), Zweiter im Mannschaftsspringen

1986            Dritter mit Meteor bei den DDR-Meisterschaften

1987            Sieger mit Meteor im Großen Preis von Hortobagy (Ungarn)

1988            Sieger mit Meteor im Mannschaftsspringen von Hortobagy (Ungarn)

1988            Dritter mit Meteor bei den DDR-Meisterschaften

1991            Zweiter mit Distrie bei der der Landesmeisterschaft in Karow

1992            Dritter mit Distrie bei der der Landesmeisterschaft in Karow

1995            Sieger mit Luchs bei der der Landesmeisterschaft in Sukow

2006            Letzter S-Sieg mit Grabenstern in Prussendorf

 

Bildtext: Rolf Günther bei seiner Verabschiedung am 7. März 2021 im Landgestüt Redefin mit dem 24-jährigen Grabenstern (v. Grabensee), auf dem er 2006 sein letztes S-Springen gewann. © Jutta Wego